Win Schumacher journalist, fotograf, weltreisender alles wahre leben ist begegnung
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Esteros del Iberá

König der Pampa

Im Nordosten Argentiniens rotteten Jäger und Farmer schon vor 70 Jahren den Jaguar aus. Nun ist die Raubkatze wieder im Sumpfland von Iberá zurück.

Sofía Heinonens Augen mustern aufmerksam den Horizont. Eine Gruppe Truthahngeier kreist am Himmel über der Pampa. In einiger Entfernung beobachten zwei Sumpfhirsche wachsam die sich nähernde Reitergruppe. „Er kann nicht weit sein“, sagt die argentinische Biologin, „Vielleicht hat er dort heute Morgen ein Tier gerissen.“ Langsam setzt sich ihr Pferd in Bewegung. Heinonen hat sich am Morgen mit Kollegen ihrer Naturschutzorganisation „Rewilding Argentina“ aufgemacht, um die größte Raubkatze Südamerikas aufzuspüren, den Jaguar.

Wo aber hat sich der König der Pampa versteckt? In dem teils meterhohen Sumpfgras scheint es schier unmöglich, eines der Tiere zu sichten. Pablo Guerra Aldazábal reckt die Antenne seines Empfangsgeräts noch höher, aber es ertönt kein Signalton. Erst gestern hat der Zoologe ein Weibchen in der Gegend gesehen, das ein Funkhalsband trägt. Mit seinem Ortungsgerät versucht er, ihm heute erneut auf die Schliche zu kommen.

Über dem Sumpfgebiet liegt eine trügerische Stille. Nur das Flüstern verborgener Vogelstimmen lässt erahnen, dass dieses weite Land in der Provinz Corrientes im wilden Nordosten Argentiniens ein Rückzugsort für unzählige Tierarten ist. Einst waren die Esteros del Iberá, das größte Feuchtgebiet des Kontinents nach dem brasilianischen Pantanal, einer der Orte mit der größten Artenvielfalt des Landes. In den letzten hundert Jahren wurde es jedoch von Viehzüchtern und Jägern seiner reichen Biodiversität beraubt. Aras, Ameisenbären, Riesenotter und Ozelote verschwanden, Mähnenwölfe und Pampashirsche standen am Rand der Ausrottung. Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die letzten Jaguare gesichtet. Nun sind sie zurück. […]