Das Prokletije-Gebirge lockt mit atemraubenden Wanderwegen
Ein samtweißer Wolkenstreifen liegt am frühen Morgen über den verstreuten Häuschen von Vusanje. Als habe bei Nacht eine riesige Hand eine Grenzlinie gezogen – zwischen den Menschen da unten und der abgeschiedenen Bergwelt da oben.
Roze Rupa hat im Morgengrauen ihren roten Wanderrucksack vollgepackt. Ihr Ziel sind die Gipfel weit über dem Wolkenband jenseits von Montenegro. Die 39-jährige Wanderführerin hat die Grenze zu ihrer Heimat Albanien unzählige Male überquert – auf stillen Bergpfaden, auf denen einst allein das Militär patrouillierte.
Prokletije oder ‚Bjeshkët e Nâmuna‘ nennen die Montenegriner und Albaner das schroffe Gebirgsmassiv, das an ihrer Grenze aufragt. „Auf Deutsch bedeutet das ‚Verwunschene Berge‘“, erklärt Roze. Oft findet man auch die Bezeichnung Albanische Alpen. „Früher gehörte das ganze Gebirge zu Albanien“, sagt Roze, „noch vor dem ersten Weltkrieg fiel der Nordteil aber an Montenegro.“ In alten Legenden hat die wilde Bergwelt mit ihren berüchtigten Wetterumschwüngen so manchen verirrten Wanderer für immer verschluckt. […]