Im Norden Islands spuken dreizehn launische Trolle durch den Advent
Hier also baden die Weihnachtsmänner! Über schwarzem Lavageröll dampft ein erhitzter Gebirgsstrom. Dahinter leckt die gigantische Eiszunge des Vatnajökull-Gletschers am Vulkangestein. „Auf ins Wasser!“ Ragnar Baldvinsson kann selbst ein gerade einsetzender Schneeschauer nicht aufhalten, wenn ein spontanes Badevergnügen lockt. Der isländische Abenteuer-Guide knöpft sich so schnell die Winterjacke auf und streift seine Skihose ab, als stünde er an einem Karibikstrand. In Sekundenschnelle ist er in den Naturpool zwischen die Lavafelsen eingetaucht. Das Gestein ist vom letzten Vulkanausbruch immer noch heiß genug, um das Eiswasser aufzuwärmen.
Wo wäre ein besserer Ort, mehr von den Jólasveinar zu erfahren, als in ihrer heimlichen Badestube am Rand des Lavafelds von Holuhraun? Jólasveinar nennen die Isländer ihre traditionellen Weihnachtstrolle. Sie haben gleich dreizehn von ihnen. Ragnar kennt sie alle mit Namen. „Im Sommer verstecken sie sich in den Bergen nicht weit von hier“, erzählt er. „Ab dem 12. Dezember wandern sie dann einer nach dem anderen zu den Menschen ins Tal, bis zu Heiligabend alle unten angekommen sind. Jedes Kind in Island wartet dann schon auf sie.“
Wer mit Ragnar unterwegs ist durch die Heimat der Jólasveinar, lernt das Staunen und Schaudern. Auf rauen Lavapisten und durch eisige Bergbäche schlittert der Geländewagen vorbei am verschneiten Herðubreið, der breitschuldrigen Königin der Berge Islands. Zu ihren Füßen stürzen tosende Wasserfälle in tiefe Schluchten. Auf dem Gebirgsmassiv von Dyngjufjöll ragen bizarre Lavafelsen wie erstarrte Berggeister aus dem Schnee. Ragnar erzählt dazu von Elfensteinen, erbosten Trollen, die sich an Straßenbauarbeitern rächen, und natürlich den Jólasveinar, die nicht eben viel mit dem gutherzigen Santa Claus gemein haben. Am Ende mag sich auch so mancher abgeklärte Zentraleuropäer gar nicht mehr so sicher sein, ob durch das Hochland des Vatnajökull-Nationalpark vielleicht nicht doch Naturgeister spuken. Warum eigentlich nicht auch Weihnachtstrolle? […]