Im Alonnisos-Meeresnationalpark haben die bedrohten Mönchsrobben der Ägäis Zuflucht gefunden
So einer wie Billy müsste man sein! Den ganzen Tag hundefaul am Strand liegen und sich die griechische Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Wenn er nur einen Moment den Kopf hebt und seinen Welpenblick herüberwirft, verlieren die Damen in der Bucht von Tsoukalia die Fassung. Er ist ja auch so süß! Der Sonnyboy gibt sich unbeeindruckt, zieht die Flossen an den runden Körper und nickt gleich wieder ein.
Billy ist eine von nur etwa 60 Mönchsrobben im Alonnisos-Meeresnationalpark in der nordwestlichen Ägäis. Wahrscheinlich wurde er als Findelkind in einer Aufzuchtstation großgezogen, bevor man ihn hier auf den Nördlichen Sporaden in die Freiheit entließ. Vor Menschen zeigt er daher nur wenig Scheu. Seine wilden Verwandten im größten marinen Nationalpark des Mittelmeers sind da sehr viel misstrauischer.
„Um Mönchsrobben zu beobachten, muss man schon eine ganze Menge Glück mitbringen“, sagt Tony Larcombe als er mit seinem Tauchboot den Hafen von Steni Vala auf der anderen Seite der Insel verlässt. Der 47-jährige Engländer leitet das einzige Tauchzentrum des Ortes. Vor dem Fischerdörfchen auf einer kleinen Landzunge dümpeln ein Dutzend Jachten im tiefblauen Wasser.
Wenn man auf Tonys Tauchboot hinaus zu den verstreuten Inselchen des Meeresnationalparks schippert, streicht der Blick über grüne Kiefernwälder und türkisblaue Buchten. Das Boot hält vor einer von weißem Kalkstein gerahmten Grotte an. „In solchen Meereshöhlen finden die Mönchsrobben Zuflucht“, erklärt der Tauchlehrer. „Hier bringen sie auch ihre Jungen zur Welt.“ Vor Urzeiten tummelten sich die Tiere in riesigen Kolonien auf den Stränden vieler Mittelmeer-Inseln und an den Küsten Nordafrikas. Jäger und Fischer rotteten die Robben wohl bereits in der Antike fast überall aus, auch wenn die Alten Griechen die verspielten Meerestiere als Gefährten Poseidons verehrten. […]