Win Schumacher journalist, fotograf, weltreisender alles wahre leben ist begegnung
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Kreta

Wein und Widerstand

Kretas Klöster sind stille Zeugen einer bewegten Geschichte

Wenn hinter dem Glockenturm von Moni Gonias die aufgehende Sonne einen grellen Streifen über die Bucht von Chania wirft, ist Bruder Chrysanthos schon über eine Stunde wach. Unter den Augen von Dutzenden Ikonen hat er bereits das Morgengebet abgeschlossen, sitzt nun mit drei älteren Brüdern im Seitengebäude der Klosterkirche und serviert ihnen würzigen Kaffee. Die Alten streichen sich durch die langen Rauschebärte und schweigen. So beginnt in einem der traditionsreichsten Klöster Kretas fast jeder Tag.

Mit 26 Jahren ist Chrysanthos der jüngste Mönch in Gonia und eine Ausnahmeerscheinung, auch auf der traditionell religiösen griechischen Insel. „Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für das Mönchtum“, sagt Chrysanthos. Immerhin etwa 300 Mönche soll es noch in Kreta geben. In seinem früheren Leben studierte der junge Mann Medizin. „Selbst meiner Familie musste ich es erst erklären. Aber ich wollte mehr vom Leben als Karriere. Ich habe mich entschieden, alles meinem Gott zu geben. Und ich bin glücklich“.

In der Tat hat Chrysanthos nichts vom Klischee des griesgrämigen Geistlichen und strahlt selbst mit seinem buschigen Vollbart und in seiner schwarzen Kutte, dem traditionellen Gewand griechisch-orthodoxer Geistlicher, eine ansteckende Fröhlichkeit aus.

Neugierige führt der rundliche Mönch bestens gelaunt und stetig schmunzelnd durch sein neues Zuhause, auch wenn sie eher kritisch gegenüber dieser verschlossenen Welt des Glaubens sind. Von der prachtvoll ausgestatteten Kirche im Innenhof des Klosters folgt ihm eine goldbraun-weiß gescheckte Katze in die Bibliothek. „Sie lebt zwar im Kloster, ist aber kein bisschen heilig“, scherzt er und streicht dem schnurrenden Tier über den Rücken. Trotz mehrerer Zerstörungen werden in der Bibliothek von Gonia immer noch mehr als 3000 Bücher aufbewahrt. Mit Stolz holt Chrysanthos den handgeschriebenen Kodex des Klostergründers von 1636 aus einem Schrank. Die Katze streicht immer noch um das Gewand des Mönchs, als er die Tür zu dem kleinen Klostermuseum öffnet. Die ausgekratzten Gesichter von wertvollen Ikonen und die Brandspuren an den Resten des einst prächtigen Chorgestühls bezeugen, dass Gonia immer wieder verwüstet wurde. […]