Win Schumacher journalist, fotograf, weltreisender alles wahre leben ist begegnung
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Schneeleoparden

Der Geist aus den Himmelsbergen

Durch das Kirgisische Alatau-Gebirge streift noch immer der Schneeleopard

Plötzlich scheint der Geist aus den Bergen ganz nah. Über Nacht fegt ein eisiger Wind durch das Tal. In den frühen Morgenstunden hat ein sanfter Schneefall aus tiefhängenden Wolken das Lager der Ranger mit einer dünnen weißen Decke überzogen. Draußen vor dem ausgedienten Wohnwagen der Yak-Hirten, in dem die Männer Zuflucht gefunden hatten, schnauben die Pferde. Haben sie Witterung von etwas aufgenommen, das in der Dunkelheit vor dem menschlichen Auge verborgen blieb? War es nur ein Fuchs, der um das Camp schleicht? Ein Wolfsrudel? Oder tatsächlich ein Schneeleopard?

Als es langsam hell wird, sucht Kengesh Kadyrkulov die gegenüberliegende Bergflanke mit dem Fernglas ab. Doch keine Spur von einem Raubtier. Schon gar nicht vom Geist der Berge, wie die Kirgisen den Schneeleopard nennen. Der Ranger aus dem Dorf Kyzyl-Dobo am Rand des Kirgisischen Alatau kennt die Bergwelt weit über dem weltabgeschiedenen Suek-Tal wie kein zweiter. Die Gipfel erreichen hier über 4000 Meter. Der Höhenzug ist Teil des Tian Shan-Gebirges, das sich von der usbekisch-kasachischen Grenze bis China zieht. Mit dem Jengish Chokusu, dem höchsten Berg Kirgisistans, ragt es 7439 Meter auf. Tian Shan bedeutet auf Chinesisch Himmelsberge. Das Hochgebirge ist ein Rückzugsort für die letzten Schneeleoparden Zentralasiens. Auf nur etwa 4000 bis 6000 Tiere schätzen Experten den Gesamtbestand der Art. Sie ist im Himalaya und verschiedenen Bergketten vom Norden Indiens bis fast zum sibirischen Baikalsee verbreitet. In Kirgisistan soll es noch um die 300 Tiere geben. […]