Guatemala – El Petén
Die verlorene Metropole der Maya
Wenn die Abendsonne den Himmel über El Petén rot färbt und goldener Dunst über den Dschungel wabert, dringt das heisere Grölen der Brüllaffen aus den Wipfeln. Über nichts als Urwald blickt man von der Mayapyramide La Danta. Keine Straße. Keine Wegschneise. Keine Rauchfahne. Noch nicht einmal der Kondensstreifen eines Flugzeugs kratzt ins Abendrot über dem größten Waldgebiet Mittelamerikas. Als die ersten Piloten in den 30er Jahren über den Norden Guatemalas flogen, glaubten sie eine Reihe erloschener Vulkane entdeckt zu haben, die auf keiner Karte verzeichnet waren. Doch es waren die Gipfel mächtiger Pyramiden, die vor zweitausend Jahren die Zentren von geschäftigen Städten waren. Zur Zeit Jesu war El Mirador die größte Metropole der Maya. Mit 72 Metern stand hier die höchste aller Pyramiden Mesoamerikas, höher als die Sonnenpyramide von Teotihuacán in Mexiko und massiver als die Cheops-Pyramide von Gizeh in Ägypten. La Danta war einst das Zentrum der Maya-Welt. Die Bewohner El Miradors legten die Sümpfe trocken, trugen den Lehm ab und fällten den Wald für die Anlage ihrer Terrassenfelder und den Bau immer aufwändigerer Bauten. Irgendwann hatten sie ihre eigene Lebensgrundlage zerstört. Die Konsequenz waren wohl Hungersnöte und Kriege, die die Maya zwangen, die einst machtvollste ihrer Städte aufzugeben. Der Dschungel eroberte irgendwann die Metropole zurück. Heute streift der Jaguar zwischen den von Schlingpflanzen und Urwaldriesen überwucherten Ruinen. Das Maya-Biosphärenreservat rund um El Mirador gilt heute als der artenreichste erhaltene Tieflandregenwald Guatemalas.