Win Schumacher journalist, fotograf, weltreisender alles wahre leben ist begegnung
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Utupua

Salomonen Santa-Cruz-Inseln

Die Insel der Utopier

Nur zwei Buchstaben trennen die Insel Utupua von der »wunderbarlichen Innsul«, die Thomas Morus 1516 als Utopia erschuf. Bevor spanische Seefahrer die ersten Geschichten aus der Südsee nach Europa brachten, bestimmte Utopia das Bild des Westens vom Paradies auf Erden: ein
Ort am Ende der Welt, wo die Menschen glücklich sind, weil es kein Geld gibt, kein Brauchen und kein Haben. Utupua ist in der Wirklichkeit Teil der Santa-Cruz-Inseln, eines Archipels der Salomonen nordöstlich von Australien. Das Eiland gehört zu den entlegensten des Pazifiks. Auf Utupua gibt es kein Gasthaus. Wenn Besucher auf die Insel kommen, schlafen sie in den Hütten der Insulaner. Niemand fragt nach dem Preis einer Übernachtung, denn im Alltag der Utopier gibt es kein Geld. Hier lebt man von dem, was das Meer, der Wald, die Kokospalmen und ein paar Gemüsegärten hergeben. Utupua hat knapp 1000 Einwohner und ist mit 69 Quadratkilometern nicht einmal so groß wie die Nordseeinsel Föhr. Allerdings werden auf Utupua drei Sprachen gesprochen, die nur hier lebendig sind. Zwei Völker, Melanesier und Polynesier, leben seit langer Zeit friedlich Hütte an Hütte. Es gibt Lieder, die man nur hier singt und Geschichten, die man nur hier versteht. Von Haien, Delfinen und Krokodilen. Und von riesigen Seekühen, den Dugongs,
die in hellen Vollmondnächten auf der Suche nach Seegrasfeldern in die Buchten ziehen. Auf den anderen Inseln der Salomonen, wo man vielerorts die Seekühe fast ausgerottet hat, versteht man heute unter Dugong ein Mädchen, das für Geld mit Männern die Nacht verbringt. Hier auf Utupua schweben die Dugongs noch über den Riffen, müden Walfischen gleich, mit dem sanften Blick der Sirene. Doch das Idyll ist bedroht. Die Regierung der Salomonen hat ihre Tropenwälder als Profitquelle entdeckt und die Rodungsrechte an transnationale Holzverarbeitungs-Unternehmen übertragen. Einheimische Landbesitzer hoffen durch die Freigabe ihrer Waldgebiete auf den schnellen Wohlstand. Der industrielle Kahlschlag hat längst auch die entlegensten Inseln erreicht. Der WWF zählt die Wälder der Salomonen heute zu den bedrohtesten Ökoregionen der Erde.