Win Schumacher journalist, fotograf, weltreisender alles wahre leben ist begegnung
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Sirmilik-Nationalpark

Kanada Nunavut

Einhorn aus dem Eis

„Die große Wanderung“ nennen die Inuit die Zeit der Sommermonate, wenn Tausende Wale aus dem Lancastersund im äußersten Norden Kanadas in die Buchten und Fjorde der Baffininsel vordringen. Erst tauchen die schneeweißen Schulen der Belugas auf, die weißen Wale. Im anthrazitfarbenen Wasser schimmern ihre Körper wie erlöschende Splitter von Eisbergen, mal türkis mal aquamarin. Die verspielten Wale mit dem kindlichen Lächeln nähern sich häufig neugierig dem Menschen. Bald tönt das dumpfe Brummen der Grönlandwale unter dem Packeis. Der geheimnisvollste Bewohner aus dem Eis aber ist der Narwal. Es ist das spiralförmig gedrehte Einhorn, das den Narwal zum rätselhaftesten aller Wale macht. Jahrhundertelang rankten sich Mythen um den Ursprung des seltenen Strandguts aus dem Eis. Einst wurde es um ein Vielfaches mit Gold aufgewogen, war als Reliquie ein umkämpfter Schatz für Könige und Kirchenfürsten und galt als Wundermittel gegen die Pest. Dass das schraubenförmige Horn nicht wie in der Legende auf der Stirn eines Pferdes wuchs, sondern der Eckzahn im Oberkiefer eines Wals ist, wurde erst im 17. Jahrhundert langsam bekannt. Der Sirmilik-Nationalpark gilt als einer der wenigen Orte auf der Welt, wo man den Einhörnern der Meere begegnen kann.